Reinhold Koch, Referent für Stadtentwicklung, stellte die Ergebnisse der kürzlich für Puchheim vorgelegten Verkehrsuntersuchung beim ubp-Stadtgespräch in einen regionalen und zeitlichen Zusammenhang.

Eine Verkehrsuntersuchung ist eine komplexe Angelegenheit. Knotenzählungen, Befragungen, Auswertungen nach Ziel-, Quell- und Durchgangsverkehr usw.. Noch schwieriger wird es dann, wenn man versucht, die Ergebnisse einer zeitpunktbezogenen Verkehrsuntersuchung – für Puchheim am 28.04.2015 – in einen regionalen und zeitlichen Rahmen zu bringen. Fragestellungen: Hat der Verkehr nun wirklich zugenommen? Wenn ja, wo? Ist die Belastung durch den Autoverkehr in Puchheim wirklich überproportional hoch?
Diese Erfahrung mussten etwa 50 Gäste beim letzten ubp-Stadtgespräch im Max-Reinhardt-Saal des PUC machen, darunter auch der erste Bürgermeister Norbert Seidl und einige Stadträte anderer Fraktionen.
Der Bestand von Kraftfahrzeugen bezogen auf 100 Einwohner ist in Puchheim mit knapp 60 Fahrzeugen deutlich niedriger als im Landkreis Fürstenfeldbruck (65) und in Bayern (74). Dies gilt auch für die Zunahme in den letzten sieben Jahren. Bezogen auf die verfügbare Straßenfläche aber sieht das anders aus. In Puchheim sind rechnerisch etwa 13% der Straßenfläche mit Kfz belegt, in Bayern nur 3%. Es geht in Puchheim also deutlich enger her als anderswo, meinte der Referent Dr. Koch. Das zeige sich leider auch in der Unfallbeteiligung von Radfahrern, die seit 1975 um etwa 40% angestiegen ist und deutlich über dem Bayerndurchschnitt liegt.
Der weitaus größte Anteil des durchschnittlichen täglichen Verkehrs – und auch der Zunahme – entfiel in Bayern auf die Bundesautobahnen. Dort wurde 2010 rund fünfmal so viel Verkehr abgewickelt wie auf den Bundesstraßen und 25 Mal so viel wie auf den Kreisstraßen. Entsprechend hat sich auch die Eröffnung der A99 (Aubinger Tunnel) auf das Straßennetz in und um Puchheim ausgewirkt. Wurden bei der Verkehrszählung 2000 der Obersten Baubehörde noch knapp 17.000 Kfz an der FFB 11 Ecke / Adenauerstraße gezählt, so waren es 2010 nur mehr 14.000 Kfz. Die A99 aber nahm 2010 bereits 67.900 Kfz pro Tag auf.
Im Jahr 2015 waren es dann nach Verkehrsuntersuchung der Stadt Puchheim an der gleichen Stelle schon wieder 15.700 Kfz, eine Folge der in den letzten Jahren im Berufsverkehr schon wieder überlasteten A99.
Wie Stadtentwicklungsreferent Dr. Koch ausführte, ergab sich im Jahr 2015 die höchste Verkehrsbelastung in Puchheim an der Eichenauer Straße im Abschnitt Augsburger Straße – Mitterlängstraße mit 24.000 Kfz, gefolgt vom Abschnitt FFB11 – Allinger Straße mit 16.600 Kfz und der Nordendstraße im Abschnitt FFB11 – Lochhauser Straße. Diese Straßen sind einseitig bebaut. Spitzenreiter mit beidseitiger Bebauung sind die Lochhauser Straße zwischen Bäumlstraße und Lagerstraße mit fast 13.000 Kfz pro Tag, gefolgt von der Lagerstraße im Abschnitt Lochhauser Straße – Russenfriedhof mit fast 9.900 Kfz pro Tag. Das Wohnen an diesen Straßen ist mit erheblichen Lärm- und Abgasimmissionen verbunden.
Die relativ stärkste Verkehrszunahme im Zeitraum 2001-2015 ergab sich in der Alpenstraße im Abschnitt Bürgermeister-Koch-Straße – Lagerstraße mit fast 70% und in der Lagerstraße im Abschnitt Alpenstraße – Mittelschule mit fast 50%, gefolgt von der ohnedies schon hoch belasteten Eichenauer Straße im Abschnitt FFB11 – Allinger Straße mit 35%. In etwa konstant geblieben ist die tägliche Belastung der Allingerstraße zwischen Poststraße und Oskar-Maria-Graf-Straße.
Erfreulicherweise waren auch Abnahmen in der Verkehrsbelastung zu verzeichnen, so in der Augsburger Straße zwischen Huchenstraße und Stadtgrenze um 64% durch den Bau der Umfahrung Puchheim-Ort und am Aubinger Weg zwischen Benzstraße und Stadtgrenze um 40%. Hier dürfte die Entlastung durch die A99 noch eine Rolle spielen.
Auffällig hoch sind die Anteile des Durchgangsverkehrs die sich aus Gröbenzell her kommend auf den Puchheimer Straßen bewegen. Auf der Gröbenzeller Straße sind es 26%, auf der Alpenstraße 33% und auf der verkehrsruhigten Nordendstraße zwischen Moosstraße und Sandbergstraße gar 55%. Auch auf der Lagerstraße beim Russenfriedhof liegt der Anteil des Durchgangsverkehrs bei 37%. Die hohen Anteile hängen u.a. damit zusammen, dass die St 2345 in Gröbenzell mit 22.000 Kfz pro Tag die Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit – vor allem im Berufsverkehr – erreicht hat. Daher werden auch Umwege über das Puchheimer Netz in Kauf genommen. Dazu kommen wachsende Tangentialverkehre nach Germering und Eichenau, Gilching und Weßling sowie ins Würmtal.
Obwohl der sogenannte Modal Split, die Verkehrsmittelwahl im Binnenverkehr Puchheim gar nicht so ungünstig erscheint – die Zahl der Fußgänger und Radfahrer ist größer als die der Pkw-Selbstfahrer – werden (zu) viele Kurzstrecken mit dem Auto zurückgelegt. Am 24.04.2015 gab es z.B. fast je 200 Fahrten mit dem Auto aus der Bäumlstraße in die Lochhauser Straße und ins Gewerbegebiet-Nord.
Hier liegt ein Potenzial für eine Umorientierung auf das Fahrrad. Am verregneten Zähltag 2015 waren auf der Allingerstraße am PUC 710 Radler unterwegs. In der Lochhauser Straße am Bahnhof waren es 560 und an der Mittelschule an der Lagerstraße 410. Ihr Anteil war mit 32% in der verkehrsberuhigten Rotwandstraße am höchsten.
Dr. Koch fasste zusammen: Die Entlastung, die die A99 für Puchheim gebracht hat, ist aufgrund verschiedener Faktoren weitgehend aufgezehrt. Zu den Ursachen gehören die zunehmende Belastung der A99 (Stichwort: Blockabfertigung am Aubinger Tunnel) durch den Fernverkehr und die Belastung auf den Zulaufstrecken. Die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung im Umland lassen die Verkehrsmengen weiter anwachsen, so dass auch der Druck auf das Puchheimer Straßennetz wachsen wird (z.B. durch die Olchinger Westumgehung).
Die Chancen diesem Druck zu begegnen, wurden in den zwei folgenden Referaten angesprochen. Hermann Seifert, der Leiter Öffentlicher Personennahverkehr im Landratsamt Fürstenfeldbruck sprach über die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs im östlichen Landkreis Fürstenfeldbruck. Dabei stießen die Pläne zur Neuordnung des Busverkehrs im Raum Puchheim, Gröbenzell und Olching ab 2016 auf großes Interesse, ebenso wie der Erfolg der (Tangential-) Expressbuslinien Germering-Fürstenfeldbruck und Fürstenfeldbruck-Starnberg. Eduard Knödlseder vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) beleuchtete das „Radfahren in Puchheim“. Er ging dabei sowohl auf Schwachstellen als auch auf Verbesserungen im Radverkehr ein und betonte, dass im Puchheimer Rathaus seit Kurzem eine Beauftragte für die Nöte und Anregungen der RadfahrerInnen zu Verfügung steht.
Die Fülle der Themen, die in diesem Stadtgespräch nur kurz oder gar nicht angesprochen werden konnten und die fast gänzlich ausgefallene Diskussion machen ein weiteres ubp-Stadtgespräch zum Thema Verkehr nach Vorlage des Endberichts der Verkehrsuntersuchung notwendig. Am Interesse wird es auch dann sicherlich nicht mangeln.
Bericht: Dr. Reinhold Koch
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