Auf dem Erdbeerfeld gegenüber des Ikarus-Centers soll eine Geothermie-Anlage entstehen. Die Informationsveranstaltung am 8. Februar im PUC stößt dabei nicht nur bei den verunsicherten Bürgern auf großes Interesse. Ein Experten-Team beantwortet die drängensten Fragen. Die „Bürgerinitiative gegen Geothermie“ lädt am 26. Februar in Takis Taverne um 20 Uhr zu einer eigenen Informationsveranstaltung.

Dabei rechnete der Bürgermeister am Vortag noch mit größeren Störfeuern der Geothermie-Gegner. Das durchaus gut vorbereitete Team bestehend aus Dr. Norbert Baumgärtner, Curd Bems und Norbert Seidl, wurde durch mehrere Infostände zum Thema am Ende des Saales ergänzt. Nach dem anschaulichen Vortrag wurden die dringensten Fragen beantwortet.
„Wie groß wird der Wirkungskreis ausgelegt?“, „Wie groß wird die Lärmbelästigung?“ und „Lohnt sich der Betrieb einer solchen Anlage überhaupt?“ und vor allem: „Wer haftet bei Schäden?“, waren dabei die entscheidenden Punkte. Dabei soll um die Anlage ein Einwirkungskreis von ca. 6 km² festgelegt werden. Bei auftretenden Schäden innerhalb dieser Fläche liegt die Beweislast beim Betreiber. D.h. der Betreiber muss nachweisen, dass die Schäden nicht von der Geothermieanlage stammen. Zudem werden mehrere Messanlagen installiert, um notfalls rechtzeitig reagieren zu können und den Nachweis führen zu können.
Man erwartet in 2100 Metern Tiefe 85 Grad heißes Wasser. Dieses soll mit 70 bis 80 Liter pro Sekunde gefördert, und mit Hilfe von Wärmetauschern die Wärme entzogen werden, bevor es wieder in die Tiefe gepumpt wird. Die beiden Bohrungen werden dabei nicht senkrecht erfolgen, sondern schräg in südwestlicher und südöstlicher Richtung, weg von der bisherigen Bebauung. Die voraussichtliche Fördertemperatur ist dabei nicht ausreichend um damit Strom zu erzeugen, aber es eignet sich hervorragend für die Einspeisung in das bereits vorhandene, bisher mit Gas betriebene Puchheimer Fernwärmenetz. Das Projekt soll etwa 15 bis 16 Mio. Euro verschlingen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Unerschöpfliche Energie aus dem Erdinnern, unabhängig von Sonne, Wind und knapp und teuer werdenden Öl- und Gaslieferungen. Dabei ist diese Form der Energiegewinnung nahezu CO²-frei. Gefahrstoffe wie Atommüll bei Atomkraftwerken fallen hier gar nicht erst an.
„Auch wir tragen Verantwortung zur Energiewende“
So ist nicht nur der Bürgermeister Norbert Seidl überzeugt: „Geothermie in Puchheim geht und bringt etwas!“. Während die Bürgerinitiative gegen Geothermie große Befürchtungen wegen möglicher Schäden durch seismische Aktivität an Kellerwänden hat, die bei dem hohen Grundwasserspiegel noch größere Schäden nachsichziehen könnten, beschwichtigt Curd Bems Geschäftsführer von Exorka GmbH. „Hebungen oder Senkungen auszulösen ist nicht unser Geschäftsmodell. Wir wollen ja Geld verdienen.“ So ist die Geothermie längst keine völlig neuartige Technik der Energiegewinnung mehr. Zahlreiche Projekte auch in der näheren Umgebung funktionieren bereits tadellos und ohne nennenswerte Störungen. „Wir haben das Erfahrungswissen vor der Haustür“.
Die Aufsuchungserlaubnis hat Puchheim bereits erworben und bis 2019 verlängert. Dabei wurde klargestellt, dass diese auch nicht an die Ortsgrenzen gebunden sind. „Wenn Puchheim nicht bohrt, könnte das in Puchheim nach erneuter Vergabe auch jede Nachbargemeinde tun. Und dann hätten wir kaum noch Einfluss darauf, wie das geschieht.“, so der PR-Strategieberater Dr. Norbert Baumgärtner.
Die geologischen Untersuchungen haben für die Geothermie in Puchheim bereits optimale Bedingungen gezeigt. So hatten die jüngsten Geothermiebohrungen in Freiham und Aubing eine hohe Fündigkeit aufgewiesen. Bis Ende 2018 soll in Puchheim die 1. Bohrung erfolgen, Ende 2019 sollen beide Bohrungen fertiggestellt sein.
Aufgeschreckt durch die Mikrobeben und Schäden in Poing und Unsicherheit bei der Haftungsfrage wird die „Bürgerinitiative gegen Geothermie“ am 26. Februar in Takis Taverne um 20 Uhr zu einer eigenen Informationsveranstaltung einladen.
Christl Sambs am
Gibt es denn irgendwelche Hinweise auf Schäden in Freiham und Aubing aufgrund der Bohrungen?
Dr. Reinhold Koch am
Bisher sind keine bekannt! Auch der Leiter der Abteilung Seismologie des Geophysikalischen Observatoriums in Fürstenfeldbruck, Dr. Joachim Wassermann, hat nicht über Mikrobeben nach dem Muster Poing berichtet.
Rölle Alexander am
Nach meinem aktuellen Kenntnisstand, läuft Freiham noch nicht auf 100%.
Da der neue Stadtteil noch nicht fertiggestellt ist.
Dipl. Phys. J. Reinhardt am
Mich erinnert das Szenario an Kernenergie im Kleinen: Die einen betreiben das Geschäft, die anderen tragen das Risiko.
Diese Informationsveranstaltung war nicht als Diskussion gedacht – die Lobby hatte sich die Hoheit der Mikrophone gesichert, und Fragen wurden nach bewährtem Muster wieder vorsortiert.
In Sachen Anschlusszwang hat der 1. Bürgernmeister Norbert Seidl direkt gelogen. Er druckste dort herum von Wettbewerb und „nichtvorgesehen“, „rechtlich nicht so einfach durchzusetzen“. Die Rechtslage ist aber klar: Eine einfache Änderung der Gemeindesatzung nach §16 EEWärmeG. Dazu ist nicht einmal ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit notwendig, und schon wird der private Abnehmer in die Abhängigkeit eines Monopolisten gezwungen. Diese Frage blieb offen, ebenso die Haftung im Schadensfall – da heißt es dann nämlich Gutachten gegen Gutachten. Das steht ein Privathaushalt gegen ein Unternehmen kaum durch. Hier haben wir Industrielobbyismus in Reinkultur erlebt.
Schaun wir mal, ob wir der tief demokratischen Auffassung „Was wollt Ihr denn, Ihr werdet doch ohnehin nicht gefragt“ nicht etwas entgegen halten können.
Norbert Seidl am
Wo hier die Lüge wäre, möchte ich wissen. Es gibt doch aktuell auch keinen Anschlusszwang.
H. Grüsser am
Ein fader Beigeschmack, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrates der KommEnergie GmbH und gleichzeitig Bürgermeister der Grabungsstelle versucht neutrale Begeisterung für das Thema zu vermitteln. Im BR TV Beitrag (s. Mediathek) äußerst sich das Geophysikalische Observatorium FFB kritisch. Mögliche Einzelschicksale zu Gunsten des Großen und Ganzen wegzuwischen gefällt mir nicht. 500 Meter als großzügigen Radius im Rahmen der Beweislastumkehr auszuweisen schafft eingeschränkt Vertrauen. Haftungsübernahmeerklärung bei neutralem Gutachten, welches der Betreiber oder deren Gesellschafter bezahlt wenn das Schadenbild die Möglichkeit eines Kausalzusammenhanges hergibt; So einfach ließen sich Bedenken ausräumen.
Elsbeth Zeitler am
Neue Technologien und eine Energiewende sind wichtig, notwendig und der Start in Puchheim generell zu begrüßen. Allerdings nicht überfallsartig und unüberlegt. Ich arbeite in Neuaubing nahe beim Werk der Geothermie. Man hat den Bau sehr sorfältig vorbereitet und die Bürger objektiv informiert. Vorher fanden, für alle sichtbar, Messungen statt. Sicherlich haben etliche Puchheimer einige Messpunkte damals auch gesehen, wenn Sie an der Bahn entlang nach Aubing fuhren. Überall fand man solche Messpunkte, in einem großen Gebiet in und um Aubing, es waren gezielt ausgewählte Plätze.
In Freiham und Aubing hört man erfreulicherweise nichts über Schädigungen. Aber das heißt noch lange nicht, dass es in Puchheim und Umgebung dann genauso ist. Von Bekannten, die in Aubing leben, hat auch vorher noch keiner über Überschwemmung im Keller geklagt. In Freiham stehen außer dem Gewerbegebiet noch nicht viele Gebäude auf dem Acker.
Dass man besorgten Bürgern nun offenbar die Mitbestimmung über den Ort von Messpunkten anbietet, ist nett, aber nicht unbedingt zielführend. Sollte man nicht das gesamte Gebiet flächendeckend und überlegt mit Stellen der Messung abdecken und auf Plänen darüber informieren? Dann wäre es wohl noch sinnvoll das Ergebnis der Messungen nach den Probebohrungen zu veröffentlichen. Unsicherheit ist der Sache nicht dienlich. Es hat etwas mit Wissen zu tun.
Umfassende Untersuchungen und objektive Aufklärung sind notwendig. Das kostet leider Zeit und Geld.
Rölle Alexander am
Ich denke,
die meisten Puchheimer sind mit Sicherheit nicht gegen Geothermie,
sie wollen aber das mögliche auftretende Schäden abgesichert werden.
Leider ist mir immer noch nicht klar wie die Stadt als Betreiber dies bewerkstelligen will.
Beispiel Straßenverkehr :
die Haftungsfrage ist eindeutig geregelt,
hier haben wir eine fast perfekte Schadensregulierung.
Erst kommt die Polizei, evtl. sogar die Staatsanwaltschaft.
Beglichen wird der Schaden durch die Haftpflichtversicherung des Verursachers.
Die Deckungssummen betragen mehr als 100 Millionen €
Gebäudeversicherung;
z.B. Wasserohrbruch:hier reguliert die Versicherung die gesamten Schäden inkl. Handwerkerservice.
Geothermie:
keine mir bekannte Gebäudeversicherung deckt Schäden
die durch induzierte Seismizität verursacht worden sind.
Besondere Gefahren drohen Besitzern von Ölheizungen:
hier können zum einen Öltanks aufschwimmen und bersten.
Pelletheizungen:
ein prallgefüllter Pelletspeicher kann mit quellen anfangen,
dies kann die Gebäudestruktur nachhaltig schädigen.
Um dies zu vermeiden wird folgendes empfohlen:
Wenn eine Überschwemmung sicher zu erwarten ist, sollte das Lager,wenn möglich,
vorbeugend entleert (abgesaugt) werden.
Nach Wassereintritt sollten Pellets möglichst schnell entsorgt werden. Bei entsprechender Wassermenge ist ein maschinelles Absaugen ansonsten nicht mehr möglich.
Sie müssen hier mit einem mittleren 5 stelligen Betrag in Vorkasse gehen
und dann ihr Recht einklagen.
Dumm nur , daß dies keine Rechtschutzversicherung übernehmen wird.
Nach solch einem Schaden,ist man nicht nur finanziell sondern mit Sicherheit
auch gesundheitlich ruiniert.
Stefan Blank am
Herr Curd Bems ist Lobbyist erster Güte und als neutraler Berichterstatter m. E. nicht glaubwürdig.
Wie mit Schadensfällen umgegangen wird, kann man in Landau bestens in Erfahrung bringen. Hier ist auch in den örtlichen Gremien bereits eine Ernüchterung eingetreten. Im Zweifelsfall wird der Normalbürger sich kein Gutachten leisten können, wenn man überhaupt einen Geologen findet der nicht mit Geothermie-Lobby verbandelt ist. In letzter Konsequenz geht es immer ums Geld, und da werden die Betreiber jederzeit versuchen sich schadlos zu halten.
Dieter Huber am
Vorweg: ich versuche dem Thema möglichst neutral gegenüber zu stehen – manchmal schwer, angesichts der örtlichen Nähe unseres Reihenhauses zum Standort der geplanten Anlage und den damit verbundenen Risiken (die ja nun wirklich keiner wegdiskutieren kann).
Ich habe beide Infoveranstaltungen – Stadt und BI – besucht und mich auch selbst informiert.
Meine Meinung/Einschätzung: seitens der Stadt war keine Diskussion gewünscht (da darf man fragen, warum), das Forum wurde unter Hilfe von global-öko-politischen Hinweisen (Al Gore) für eine durch-gestylte Werbeveranstaltung benutzt und mit Halbwahrheiten angereichert (Haftung durch die Stadt). Eine offene, faire und faktenorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema war unerwünscht.
Die Veranstaltung der BI (26.02.2018) durfte dann dies alles nachholen und sich dann von anwesenden Mitgliedern des Stadtrates und weiteren Unterstützern „Panikmache“. „unfaire Darstellung“ und „Negativberichterstattung“ vorwerfen lassen.
Ich stelle für mich fest:
Die einen (Betreiber, Energieversorger) wollen nur Geld verdienen (als Unternehmen legitim und nachvollziehbar), dabei werden Fakten und Risiken gern mal flexibel dargestellt und ausgelegt.
Die anderen (Politiker, Stadtrat, Bürgermeister) wollen sich politisch profilieren (unter dem Mantel „Wir wollen ja nur Gutes für die Bürger“), auch hier ordnet sich die Darstellung der Realitäten und die Bereitschaft zur Offenheit diesem Ziel unter.
Und der Rest (Bürger, Steuerzahler, Wähler) darf das Risiko und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schaden tragen, ansonsten ist Mund halten gefragt, die Obrigkeit ist nicht zu hinterfragen.
Ach ja …. warum werden die Vereinbarungen/Verträge der Stadt Puchheim mit dem Betreiber/Energieversorger/Abnehmer nicht öffentlich gemacht …? Sind vielleicht Klauseln enthalten, die die Stadt zu Schadensersatz verpflichten, falls das Projekt nicht zustande kommt …? Ist natürlich nur hypothetisch gemeint. So etwas würde unsere Stadt und unser Bürgermeister nie tun … wie gesagt: alles für das Wohl der Bürger.