Anm. der Redaktion: Die Süddeutsche Zeitung hat letzten Freitag über das Puchheimer Möpse-Orakel berichtet und dem Stadtportal freundlicherweise erlaubt, den Artikel hier wiederzugeben.
Camilla und Bertram aus Puchheim sind zwei kleine, schwer schnaufende Hunde, auf denen während der Fußball-WM eine große Last liegt. Sie dienen als Orakel über Sieg und Niederlage der deutschen Mannschaft.

Puchheim – Der Legende nach erwählte der Fußballgott zwei Hunde. Seine Wahl fiel auf zwei possierlich-schnaufende Dickerchen – die Möpse Camilla und Bertram aus Puchheim. Er vertraute ihnen die Aufgabe an, zu jeder Europa- und Weltmeisterschaft die Ergebnisse der deutschen Mannschaft zu weissagen. Doch da es sich bei Möpsen bekanntlich eher um bequeme, wenn nicht gar äußerst träge, vierbeinige Zeitgenossen handelt, sandte er ihnen einen Zweibeiner namens Markus Limbacher, einen 45 Jahren alten Werbetechniker. Und so ist das Puchheimer Möpse-Orakel auch zum diesjährigen Fußballfest, wie auch schon vor zwei Jahren, wieder auf dem Bolzplatz des FC Puchheim am Werk.
Der Aufbau des Orakels ist simpel, mit griechisch-mythologischen Worten geradezu spartanisch: Drei Näpfe, gefüllt mit Mopsens Leibleckerli. Doch was es ist, was den beiden besonders mundet, darüber schweigt sich Limbacher aus. Es solle keinesfalls der Eindruck entstehen, das fidele Duo sei in irgendeiner Weise bestechlich. Nur so viel verrät er: „Das Futter ist immer dasselbe, ebenso die Anordnung in den Näpfen.“ Auf diesen wehen drei Fähnchen – eines für den deutschen, eines für den generischen Sieg und in der Mitte eines für Unentschieden. „Der Aufbau erfolgt nach strengen Regeln. Wir halten uns exakt an die Vorgaben im offiziellen Spielplan“, erklärt Limbacher. Somit stehen Napf und Fahne der erst genannten Mannschaft immer links, die der anderen Mannschaft rechts im Tor. In der Ferne lauert der Mops, den nur eine irdische Menschenhand davon abhalten kann, die Leckerlis zu …, nein, natürlich vom Orakeln abzuhalten. Diejenige Mannschaft wird gewinnen, aus deren Napf zuerst gefressen wird.
Für die kurzen Beinchen gilt es dabei, eine schier unzumutbare Strecke vom Elfmeterpunkt bis zum Tor zurückzulegen. Und das auch noch bei diesen sommerlichen Temperaturen. Da wird der Atem noch ein wenig lauter und ein Außenstehender erkennt kaum, ob das verächtliche Schnaufen dem filmenden Zweibeiner oder der hernieder strahlenden Sonne gilt. Manchmal seien Camilla und Bertram so gar nicht vom Fleck zu bewegen gewesen, erzählt Limbacher. Und nur seine mahnende Erinnerung an die Pflicht gegenüber dem Fußballgott, der deutschen Mannschaft und der Puchheimer Bevölkerung half über solcherlei prophetische Krisen hinweg.
Im Zweifelsfall wird Camilla gegen Bertram ausgewechselt
„Momentan ruhen unsere Hoffnungen auf Camilla. Sie ist auch diese Saison in Topform“, so Limbacher. Denn bereits zur Europameisterschaft 2012 hatte die Mop-Moiselle, stets modisch in rosafarbenem Geschirr, eine Erfolgsquote von 100 Prozent. Sie sagte alle Ergebnisse der deutschen Mannschaft richtig voraus – sogar die tragische Niederlage gegen Italien im Halbfinale. „Wir konnten es erst nicht glauben, befragten gleich darauf auch noch einmal Bertram.“ Die Prophezeiung änderte sich nicht. Für die Vorrundenspiele in Brasilien ist Camilla fest gesetzt. Sollte es Deutschland ins Achtelfinale schaffen, behält sich Limbacher aber vor, ganz wie im Fußball auch, Camilla gegen Bertram auszuwechseln.
Allerdings macht das Alter auch vor sakrosanten Orakeltieren nicht Halt. Camilla spreche überhaupt nicht gern darüber. Denn so eine derartige Frage gehöre sich auch bei Hundedamen nicht. Bertram ist, sagen wir, älter. Das Laufen fällt ihm schwerer. Die Hitze macht beiden gleichermaßen sehr zu schaffen, weshalb sie bei den rituellen Handlungen auch darauf verzichteten, sich in volle deutsche Fanmontur zu schmeißen. Auch um sich später nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, sie seien in irgendeiner Weise parteiisch.
Weshalb der Fußballgott ausgerechnet die Puchheimer Möpse auserkoren hat, darüber kann ihr Herrchen nur spekulieren. Vor dem Fernseher studieren sie schon seit Jahren die Spielweisen und Aufstellungen der Mannschaften. Aber das hündische Herz, das schlägt nicht für den hiesigen FC, auch nicht für den anderen, münchenerischeren, sondern bei aller Orakelei dann doch irgendwie für Schwarz-Rot-Gold.
Anna Landefeld-Haamann / Süddeutsche Zeitung vom 14.06.2014
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