Der LBV Fürstenfeldbruck will mit einem artenübergreifenden Projekt Großvögel und Fledermäuse im Landkreis besser schützen.

Kirchen stehen nicht nur Menschen zum Gebet offen. Die historischen Gebäude sind häufig auch ein Zuhause für Vögel und Fledermäuse. Doch welche Kirchen im Landkreis beherbergen solche heimlichen Bewohner? Das möchte der LBV Fürstenfeldbruck mit dem Projekt „Lebensraum Kirche“ herausfinden – und dadurch den Schutz von Fledermaus, Turmfalke & Co. in der Region ausweiten. Denn bleiben sie unbemerkt, könnte sie bereits ein neues Taubengitter aussperren. In Absprache mit den Pfarrverbänden wollen Ehrenamtliche des LBV die Kirchengebäude auf Spuren tierischer Mitbewohner untersuchen. Die gewonnenen Daten geben Aufschluss über den Bestand und können als Basis für mögliche Schutzmaßnahmen dienen. In den Pfarrverbänden Esting-Olching und Mammendorf war der LBV bereits auf Fledermaus-Spurensuche. Das Artenschutzprojekt wird von der Stiftung der Sparkasse Fürstenfeldbruck finanziell gefördert. Interessierte Pfarrverbände können sich beim LBV Fürstenfeldbruck für eine Kontrolle ihrer Kirchen unter fuerstenfeldbruck@lbv.de melden.
Kirchtürme sind ein einzigartiger Lebensraum für Vögel und Fledermäuse: Sie sind meist die letzten Gebäude mit einem offenen Dachstuhl, dürfen aufgrund des Denkmalschutzes baulich nicht stark verändert werden und bieten eine vorteilhafte Höhe für ein sicheres Quartier sowie für die geschützte Aufzucht des Nachwuchses.
Von Vögeln und Fledermäusen
Im Landkreis Fürstenfeldbruck finden sich in zahlreichen Kirchtürmen große Vogelarten wie Dohlen, Turmfalken oder Schleiereulen, die bevorzugt an hohen Gebäuden brüten. Meist sind sie dort auf Nistkästen angewiesen, da mögliche Brutstellen im oder am Gebäude häufig durch Taubenabwehrgitter verschlossen sind. Bereits seit den 1990er Jahren betreuen ehrenamtlich Aktive des LBV Fürstenfeldbruck weit über 100 Großnistkästen in Kirchen und Scheunen im Landkreis. 2016 hat diese Arbeit eine extra gegründete Arbeitsgruppe des LBV übernommen. Mit dem Projekt „Lebensraum Kirche“ sollen weitere Helfende für etwa 40 bislang unbetreute Kästen gewonnen und zusätzliche Nisthilfen an passenden Stellen aufgehängt werden.
Neben Vögeln sind auch verschiedene Fledermausarten wie Großes Mausohr, Braunes und Graues Langohr oder auch Zwerg- und Bartfledermaus in Kirchen beheimatet. Die nachtaktiven Tiere bleiben allerdings häufig unbemerkt. Dadurch sind zahlreiche Quartiere in den Kirchen im Landkreis nach wie vor unentdeckt – und es besteht die Gefahr, dass sie bei einer Sanierung zerstört werden. Ist ein Fledermaus-Vorkommen jedoch bekannt, liegen bereits vor möglichen Eingriffen wichtige Informationen zu nötigen Artenschutzmaßnahmen vor, die baubegleitend und damit kostensparend umgesetzt werden können.
Auf Spurensuche in Mammendorf und Olching
Bei den Kontrollen geht es für die Ehrenamtlichen des LBV häufig hoch hinaus: Auf ausziehbaren Leitern, steilen Holzleitern oder ausgebauten Treppenhäusern steigen sie in den Kirchturm sowie in das Kirchenschiff und untersuchen hier den Boden auf Fledermauskot und die Balken auf Verfärbungen durch das Körperfett der Fledermäuse. Beides sind Hinweise auf die kleinen Nachtkobolde. Solche Kontrollen finden nur in Abstimmung mit den zuständigen Pfarrverbänden sowie den Mesnerinnen und Mesnern vor Ort statt.
Einen vielversprechenden Anfang machten vier Kirchen des Pfarrverbands Mammendorf. In allen fanden sich Spuren von Fledermäusen, zwei Kirchtürme davon sind sicher bewohnt, die anderen beiden werden im Sommer nochmals geprüft, wenn die Fledermäuse aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt sind. Anders sieht es dagegen in den drei besichtigten Kirchen des Verbands Esting-Olching aus: Hier fanden sich keinerlei Hinweise auf aktuelle Quartiere. Allerdings sind in den betreffenden Gebäuden alle möglichen Einflugöffnungen bereits seit mehreren Jahren mit Gittern verschlossen. In beiden Pfarrgemeinden gibt es Großnistkästen für Turmfalken, Dohlen und Schleiereulen. Hier besteht bei der einen oder anderen Kirche die Möglichkeit, weitere Kästen anzubringen.
Stefanie Keller, Verwaltungsleiterin der Pfarrverbände Esting-Olching und Mammendorf, hat die Besichtigungen des LBV begleitet und weiß um den Nutzen der Aktion: „Es ist spannend zu wissen, welche Fledermäuse vor Ort in einer Kirche leben, auch im Hinblick auf eine gute Vereinbarkeit von Artenschutz und Renovierungsarbeiten, die ja bei Baudenkmälern regelmäßig anstehen.“
Schutz für viele Arten
Das Projekt „Lebensraum Kirche“ soll bis Herbst 2023 laufen. Dadurch ist der gesamte Jahreszeitenzyklus der Fledermäuse und Großvögel abgedeckt, und es entsteht ein genaues Bild über den tatsächlichen Bestand sowie die Bruterfolge in den Kästen. Die Stiftung der Sparkasse Fürstenfeldbruck unterstützt das Projekt, sodass die LBV-Kreisgruppe beispielsweise notwendige technische Hilfsmittel anschaffen kann. Dazu gehört unter anderem ein Bat-Detektor, der die Laute der Fledermäuse für das menschliche Ohr hörbar macht. Die Frequenz lässt zudem Rückschlüsse zu, um welche Art es sich handelt. Um Artenschutz für alle erlebbar zu machen, soll zudem eine Webcam in einem der Großnistkästen installiert werden.
„Mit ‚Lebensraum Kirche‘ möchten wir den langfristigen Schutz verschiedener Arten in einem Projekt verbinden und mehr Bewusstsein für die heimlichen Kirchenbewohner schaffen“, sagt Simon Weigl, Artenschutzexperte und Leiter der Geschäftsstelle des LBV Fürstenfeldbruck. „Dank der Förderung durch die Stiftung der Sparkasse Fürstenfeldbruck können wir notwendige Materialien und neue Geräte anschaffen. Dennoch sind wir auch auf die Hilfe von zusätzlichen Freiwilligen angewiesen und werden im Laufe des Projekts weitere interessierte Ehrenamtliche für die Kontrolle von Nistkästen oder das Aufspüren von Fledermausquartieren suchen und einarbeiten. Wir freuen uns natürlich auch über Quartiersmeldungen aus der Bevölkerung.“
Beitrag: Angelika Dester, LBV FFB
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