Rick Steves erklärt, warum deutsche Reisende Reisebewertungen nicht blind vertrauen sollten

Rick Steves Explains Why Tourists Shouldn't Blindly Trust Travel Review Sites

29. Juli 2025

Gefährliche Verzerrungen und das Phänomen der ‚Echokammer‘

Das Hauptproblem bei Bewertungseiten besteht darin, dass sie den Eindruck erwecken, es handele sich um echte, unabhängige Bewertungen. Rick Steves ist jedoch der Meinung, dass allzu oft das Gegenteil der Fall ist. Er vermutet, „dass ein bedeutender Teil der Nutzerbewertungen von Freunden oder Feinden des bewerteten Betriebs stammen“. Das bedeutet, dass die Bewertungen – egal ob mit fünf oder nur einem Stern – häufig von Motiven beeinflusst sind, die nichts mit der tatsächlichen Erfahrung zu tun haben.

Steves sorgt sich auch, dass die Bedeutung von Bewertungen dazu führen könnte, dass Betriebe ihr Verhalten bewusst anpassen, um positive Rezensionen zu erhalten. Während dies an sich eine Verbesserung des Service bedeuten kann, gibt es auch negative Aspekte. Er beobachtet zunehmend, dass kleine Hotels etwa ein kostenloses Frühstück anbieten, vorausgesetzt, die Gäste versprechen, freundlich über sie auf Plattformen wie TripAdvisor zu berichten. Dies erzeugt verfälschte, wenig glaubwürdige Bewertungen. Dem gegenüber steht, dass einige Hotelbesitzer berichten, dass Gäste sie mit einer schlechten Bewertung bedrohen, falls sie keinen großen Rabatt gewähren.

Selbst wenn Bewertungen nicht manipuliert sind, kann die Funktionsweise solcher Seiten dazu führen, dass sie nicht immer die interessantesten oder nützlichsten Tipps liefern. Steves weist darauf hin, dass „Bewertungsplattformen zu einer Echokammer werden können, in der einige wenige gut positionierte, auffällige Betriebe an der Spitze der Bewertung stehen. Die Reisenden nutzen sie, mögen sie, und loben sie, was einen sich selbst verstärkenden Kreislauf positiver Bewertungen schafft.“ Dies bedeutet, dass die beliebtesten Orte immer wieder mehr Bewertungen erhalten – kleine, weniger bekannte Geheimtipps schwer durchdringen.“ Er erklärt, dass dies Gründe dafür sind, warum Restaurants auf Bewertungsseiten häufig touristische Ketten oder bekannte, touristisch geprägte Lokale favorisierter sind.

Wie man Bewertungen sinnvoll nutzt

All das bedeutet nicht, dass Bewertungsseiten grundsätzlich schlecht sind. Steves gibt offen zu, dass er sie selbst nutzt und sie „ein wertvolles Werkzeug bei der Reiseplanung“ sein können. Dennoch betont er, dass es wichtig ist, vorsichtig zu sein und die Bewertungen nicht unkritisch zu akzeptieren. Er erinnert daran, dass „Bewertungsplattformen nur so gut sind wie die Urteile ihrer Nutzer. Ein Hotel zu bewerten, kann nicht auf einer einzigen Erfahrung beruhen, da ein Gast meist nur eine Unterkunft in einer Stadt gesehen hat.“ Er lehnt sie also nicht ab, sondern rät, sie mit Vorsicht zu verwenden – sogar bei hoch bewerteten Restaurants und Hotels.

Die beste Strategie ist, Bewertungen zusammen mit klassischer Literatur wie Reiseführern oder seriösen Reiseblogs zu nutzen. Rick Steves sieht Bewertungen als perfekte Ergänzung zu einem sorgfältig aktualisierten Reiseführer. Er empfiehlt, zunächst eigene Recherchen durchzuführen und sich einige handverlesene Reiseführer anzuschauen. Wenn man dann eine Auswahl getroffen hat, sollte man die Bewertungen heranziehen, um die Entscheidung zu konkretisieren. Steves sagt: „Wenn ein Hotel oder Restaurant in einem oder zwei Reiseführern gut bewertet ist und auch auf einer Bewertungsseite positive Bewertungen erhält, ist es höchstwahrscheinlich eine gute Wahl.“

Lukas Reinhardt