In einigen Gebieten Puchheims bleibt schnelles Internet nur ein Traum. Insbesondere für Unternehmen ist die Netzqualität ein zentraler Standortfaktor, eine bessere Anbindung eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Der Stadtrat hat nun beschlossen, am Förderverfahren des Freistaats Bayern zum Breitbandausbau teilzunehmen, das eine flächendeckende Versorgung von mindestens 50 Mbit/s ermöglichen soll – in vielleicht zwei Jahren. Andere Kommunen denken da viel weiter und haben die Breitbandversorgung in die eigene Hand genommen: In Icking z.B. ist eine Initiative dabei, ein kommunales Glasfasernetz mit bis zu 200 Mbit/s für jeden Haushalt zu schaffen.

„Nach Beschluss des Stadtrats nimmt die Stadt Puchheim am Förderverfahren des Freistaats Bayern zum Breitbandausbau teil“, so eine Information der Stadt Puchheim. „Ziel ist es, unterversorgte Gebiete innerhalb der Stadt mit Breitbandanschlüssen auszustatten. Mit dem Förderprogramm strebt der Freistaat Bayern einen schrittweisen Ausbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen an. Gemäß der Breitbandrichtlinie Bayern vom Juli 2014 sollen mit dem Aufbau sogenannter Next Generation Access Networks (NGA-Netzen) Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s im Download und viel höheren Upload-Geschwindigkeiten als bei Netzen der Breitbandgrundversorgung erreicht werden. Zunächst wird eine Bestandsaufnahme im Stadtgebiet durchgeführt. Dabei wird mit Hilfe aktueller kartographischer Darstellungen die derzeitige Breitbandversorgung im Stadtgebiet erfasst. Aus dem Ergebnis der folgenden Markterkundung zeigt sich dann, ob Gebiete für eine Erschließung in Frage kommen. Der gesamte Prozess kann im Falle eines Ausbaus ca. zwei Jahre in Anspruch nehmen.“
Ein „bürokratisches Monster“?
Seit vielen Jahren fordert und verspricht die Politik auf allen Ebenen flächendeckenderes schnelles Internet. Tatsächlich hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinterher. Förderprogramme des Bundes wie das bayerische Förderprogramm sollen bis 2018 flächendeckend Hochgeschwindigkeitsnetze schaffen und moderne Breitbandanschlüsse für Bürger und Unternehmen zum Standard zu machen.
Icking im Landkreis Wolfratshausen hat seine Erfahrungen mit dem Förderprogramm des Freistaats bereits gemacht: „Ende 2012 beschloss der Gemeinderat Icking, am zweiten Förderprogramm des Freistaates Bayern teilzunehmen. Jedoch erwies sich der Prozess der Förderung als bürokratisches Monster: Berater von PWC waren im Auftrag des Freistaates unterwegs, für das Programm zu werben, die Gemeinden waren mit ihren Kapazitäten überfordert, es gab lange keine Förderbescheide. Und: Der Ausbau der Gemeinden war unzureichend, es wurden nur bestimmte Gebiete ausgebaut, meist entlang der alten Kupferstrecken der Deutschen Telekom, die die Deutsche Post vor Jahrzehnten gebaut hat.“
Puchheim wartet und wartet…
Das bayerische Förderprogramm ist in der Neuauflage seit 2014 in Kraft, nach Auskunft des Finanzministeriums sind 95% aller bayerischen Kommunen bereits im Förderverfahren. Für den Puchheimer Stadtrat dagegen hatte das Thema bislang offenbar keine große Priorität, denn anders ist es nicht zu erklären, warum er sich soviel Zeit gelassen hat, überhaupt aktiv zu werden und Puchheim zu den letzten Kommunen in Bayern gehört, die sich um schnellere Breitbandanschlüsse bemühen. Es ist kein Ruhmesblatt jahrelang untätig zu bleiben und darauf zu hoffen, ein Netzanbieter möge von sich aus den Ausbau in Puchheim vorantreiben.
In zwei Jahren sollen dann für jeden Haushalt mindestens 50 Mbit/s Bandbreite zur Verfügung stehen – vielleicht. Das ist zu spät, wirkt halbherzig und läßt befürchten, dass hierzu lediglich die bestehende Infrastruktur an Kupferleitungen mit Übergangstechnologien wie Vectoring genutzt werden soll, die heute schon mit dem wachsenden Datenverkehr nicht mehr Schritt halten können. Das wären dann schlechte Nachrichten für die Bürger und Unternehmen in Puchheim, die nur neidisch auf jene Kommunen sein können, die sich um wirklich zukunftsweisende Lösungen bemüht haben.
Gerade Puchheim mit seinen großen Gewerbeansiedlungen ist auf eine leistungsfähige Netzinfrastruktur dringend angewiesen. Mit der KommEnergie gibt es einen Energieversorger in weitgehend kommunaler Hand. Warum nutzt man nicht die damit gemachten Erfahrungen für die Schaffung eines kommunalen Breitbandnetzes, das den Namen „Breitband“ auch verdient? Die Thematik ist zu komplex, die Kosten zu hoch? Warum schafft es eine kleine ländliche Gemeinde wie Icking, für seine Bürger ein modernes Glasfasernetz in Eigenregie zu bauen, während es Puchheim verschläft, die Weichen für die eigene Zukunft zu stellen?
Norbert Seidl am
Selbstverständlich können wir uns nicht leisten beim Thema Breitband abgehängt zu werden. Aber den schwarzen Peter an die Kommunen zurückzuspielen ist unfair. Tragisch sind doch die politischen Rahmenbedingungen mit Monsterbürokratien. Dass sich eine Gemeinde wie Icking aus einem Förderprogramm ausklinkt, zeigt doch, dass die Ebene oben drüber nicht bedarfsgerecht arbeitet.
Stephan Peuckmann am
Sehr geehrter Herr Seidel,
Die Bürokratie ist so wie sie nun mal ist und für alle dieselbe. Warum können andere Kommunen damit umgehen, Sie jedoch nicht? Auch wir in Puchheim-Ort im Neubaugebiet (!) Fischer-Siedlung wurden von Ihnen mit der Perspektive auf den eigenwirtschaftliche Ausbau durch die Telekom vertröstet und haben immer noch eine mickrige Bandbreite von 6MBit/s, und daran wird so schnell nichts ändern. Dafür gibt es nur ein Wort: abgehängt.
Gruß
Stephan Peuckmann
Puchheimer Stadtportal am
Puchheim ist spät dran. Immerhin war „Breitbandanbindung in Puchheim“ bereits 2012 ein Wahlkampfthema. Seither ist nicht viel passiert. Mit dem „Monster“ muss letztlich die Verwaltung kämpfen, den Bürger interessiert mehr, ob sein Internet tatsächlich „bedarfsgerecht“ schneller wird oder ob es nur darauf hinausläuft, dass der „Rosa Riese“ seine Bilanzen auf Kosten des Steuerzahlers aufpolieren kann, indem er aus den alten Kupferkabeln noch ein paar Bits mehr herausquetscht. Spätestens dann sollte man über zukunftsfähige Alternativen nachdenken – die Ickinger haben es vorgemacht.
Heiko Ganssl am
Die grüne Zone mit 18Mbit/s und 1Mbit/s upload ist m.e. durchaus nicht schlecht versorgt. Nur leider ist es eben das Maximum.
Im gewerblichen Bereich ist ein 50Mbit/s Anschluss deswegen von Vorteil, weil dieser einen upload von bis zu 10Mbit/s bietet, also 10 mal schneller.
Sicherlich ist es für einen Aussenstehen schwer zu beurteilen warum seit 2012 eine Glasfaseranbindung ausgeblieben ist, aber ein schnelleres Internet in naher Zukunft wäre durchaus wünschenswert 🙂
Karsten Heimer am
Wie ist denn eigentlich der aktuelle Stand der Dinge? Offenbar tut sich ja was, schließlich wurden am Harbeck-Platz ja offenbar neue Kabel verlegt. In welchen Gegenden kann man denn mit mehr Speed rechnen und wann?